Auf den Spuren der Humushelden
Elementare Naturerlebnisse an der Elbe ermöglicht der Landschaftsarchitekt und Umweltbildner Norbert Krebber auf dem Elbehof Wahrenberg, westlich von Wittenberge. Der ehemalige Fährgasthof im Dreiländereck von Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Niedersachsen beherbergt den Kultur- und Umweltbildungsverein VITOS e.V., der vor allem Kindern und Jugendlichen lebendige Bildungsangebote macht. Unsere Redakteurin Jutta Gruber begab sich mit 16 Kindern der Kita Wirbelwind aus der Nachbargemeinde Geestgottberg nicht nur unter, sondern auch in die Erde. Zumindest bis weit über die Knöchel.
Es ist Mitte August, als ich am beschaulichen Bahnhof von Geestgottberg aussteige. Gerade mal fünf Minuten dauerte die Fahrt von Wittenberge bis zur ersten Haltestelle südlich der Elbe. Hier bin ich mit dem Umweltbildner Norbert Krebber verabredet. Meine Sorge, wir könnten uns am Bahnsteig verpassen und den vorsorglichen Hinweis »du erkennst mich an meinem kleinen orangen Koffer« hätte ich mir getrost sparen können. Am Bahngleis steht niemand. Niemand außer mir und meinem kleinen orangen Koffer. Keine Minute später kommt mein Gastgeber um die Ecke geeilt, mittelprächtig aus dem Häuschen, dass er länger brauchte als gedacht, »und das alles wegen der Bauarbeiten, um Geestgottberg künftig noch schneller mit der großen weiten Welt zu verbinden«. Würde es nach Norbert Krebber gehen, so erfahre ich während unserer Fahrt zu dem von ihm geleiteten Elbehof, wäre alles geblieben, wie es ist. »Wer braucht heutzutage immer noch mehr neue Straßen? Unser Klima ganz sicher nicht.« Beim gemeinsamen Abendessen bekomme ich einen Eindruck davon, was den umtriebigen 58-Jährigen sonst so inspiriert und was er für die Kinder der Kita Wirbelwind aus dem benachbarten Geestgottberg zum morgigen Erdfest vorbereitet hat.
Abstieg
Am nächsten Morgen ist bereits schönstes Ausflugswetter, als die 16 Kinder über das Gelände des Elbehofes ausschwärmen. Auf dem Programm steht ein gemeinsames Erdfest, als Abschluss des insgesamt dreitägigen Projektes, in dem Norbert Krebber die Kinder mit den Humushelden – den Klein- und Kleinstlebewesen, denen wir unsere fruchtbare Erde verdanken – bekannt gemacht hat. Nach der ersten Orientierungsrunde und der gemeinsam gewonnenen Einsicht, dass wir auf der Erde leben, überrascht uns Norbert Krebber mit der Erfahrung, dass es nicht nur hinter dem Horizont, sondern auch unter dem Holzboden des alten Veranstaltungssaals weitergehen kann. Durch eine urige Luke und über eine ebenso urige Stiege führt er uns hinunter ins Dunkle und Ungewisse. Alle kommen mit und staunen über die Kellergewölbe, von deren Wänden sich der Putz löst und wo selbst die Kleinsten an manchen Stellen fast bis zur Decke reichen. Damit, die Kartoffeln fürs gemeinsame Mittagessen selbst aus der Erde zu sammeln, haben die Kinder ebenso wenig gerechnet, wie wir Erwachsenen damit, dass eine kaum befahrene Asphaltstraße eine herrliche große Kartoffelreibe abgibt. Die Kinder achten darauf, die Kartoffeln nicht gänzlich aufzureiben und hinterlassen interessante Kartoffelreibemuster auf der Straße. Im Anschluss kommen die Kartoffeln in der Sommerküche in einen großen Topf und werden vor dem Kochen noch mal gut abgeschrubbt. Die Dreiviertelstunde, bis sie weich sind, verbringen wir erlebnisreich.
Wir machen Erde!
Gleich neben der Sommerküche entdecken wir Eimer mit verschiedenen Sorten Erde und Steinen. Die Kinder versammeln sich intuitiv um die neben den Eimern ausgebreitete Decke. Ob sie die Erde hören, fragt Norbert Krebber, und schon drücken sich 16 Ohren auf den Erdboden. Nach dieser eher beschaulichen Erfahrung geht’s aktiv zur Sache. Lehmbrocken mit Steinen zu zerklopfen erweist sich als eine Aufgabe, die selbsterklärend ist und viel Spaß macht. Die Kinder hämmern die Brocken zu feiner Erde, während Norbert Krebber nach dem Motto »Wer hören will, der höre« mantraartig Informationen in den gemeinsamen Raum einspeist: »Es geht um die Erde … Wir leben auf der Erde … Erde ist etwas zum Anfassen … So entsteht Erde auf der Erde! … Das waren alles mal Steine! … Die Erde war ja mal ein riesiger Vulkan, der abgekühlt ist … Die Erde war also mal ein riesiger Stein … Wir machen Erde! … Wenn die Erde das allein macht, dauert das länger, aber wir beschleunigen das Ganze.« Die Erde soll auch deshalb ganz fein werden, weil sie für die Erdkugeln gebraucht wird, die die Kinder zum Abschluss des Tages mit nach Hause nehmen dürfen. Dafür kneten sie den mit Wasser eingeweichten Lehm, geben Sand dazu, bis er nicht mehr zu feucht und richtig gut knetbar ist. Drumherum gibt es noch eine Schicht Humus. Ihre erdigen Hände schmirgeln die Kinder mit Sand sauber, und zuletzt gibt es noch eine Regenwasserdusche aus der Gießkanne obendrauf.
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Den vollständigen Beitrag und weitere Artikel zum Thema können Sie in unserer Ausgabe Betrifft KINDER 09-10/2024 lesen.